impulse
Digitales Magazin • Januar 2024
umschau im netz • januar 2024
blog: schule ohne noten
Wer im schulischen Umfeld tätig ist, kommt unweigerlich mit dem Thema Noten in Berührung. Die Verbindung von Schule und Noten scheint unausweichlich. Spätestens wenn es um Schullaufbahnen und Abschlüsse geht, rückt das Thema Noten in den Fokus. Jede und jeder macht seine Erfahrungen damit – seien sie erfreulicher, deprimierender, ermutigender oder ärgerlicher Natur. Darüber hinaus polarisieren Noten: Für die einen sind sie unverzichtbar, für die anderen ein überholtes Konzept. Trotzdem bleiben Noten im schulischen Kontext allgegenwärtig, Diskussionen über ihren tatsächlichen pädagogischen Wert sind eher selten.
Vor diesem Hintergrund ist der wöchentliche Newsletter von Philippe Wampfler besonders erfreulich und relevant. Gemeinsam mit Björn Nölte hat Wampfler in dem Buch Eine Schule ohne Noten (2021) innovative Wege im Umgang mit Lernen und Leistung aufgezeigt. Seither widmet sich Wampfler in einem wöchentlichen Blog und Newsletter regelmässig weiteren Aspekten der Notengebung, ihrem Bildungswert und alternativen Formen der Leistungsbeurteilung. Wampfler ist überzeugt, dass die herkömmliche Notengebung sinnstiftendes Lernen behindert und den Lernprozess nicht fördert. Konstruktiv stellt er alternative Ansätze vor. Seine Beiträge leisten einen wertvollen Beitrag zur Frage nach dem pädagogischen Sinn der Notengebung und dienen als Treibstoff für laufende Diskussionen über Leistungsnachweise und Leistungsbeurteilung.
Es wäre wünschenswert, dass diese Texte viele Lehrpersonen erreichen, denn sie beleuchten das Thema Notengebung aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und können dazu beitragen, den Unterrichtsalltag auf erfrischende Weise zu reflektieren.
Philippe Wampfler: wöchentlicher Blog und Newsletter zur Notengebung
blog: motive und themen der deutschsprachigen literatur
Gerald Knöß, Gymnasiallehrer für Deutsch, der auch an der Atelierschule unterrichtet, führt eine fortlaufend erweiterte Webseite LiMoTee (Literatur, Motive, Themen) mit Hauptmotiven der deutschen Literatur. Der Blog startete 2012, wurde 2016 neu aufgesetzt und seither fortgeführt. In freier Anlehnung an das bekannte Standardwerk Motive der Weltliteratur von Elisabeth Frenzel (zuerst 1976, 6. überarbeitete Auflage 2008) können hier Romane, Erzählungen und Dramen nach inhaltlichen Motiven gesucht werden. Die Motive reichen u.a. von «Amazone (starke Frau)» und «Coming-of-Age / Entwicklung & Selbstfindung» über «Liebesverrat» und «Unterwegs» bis zu «Teufelspakt» und «Vater-Kind-Konflikt». Zeitlich werden auch neue Werke der letzten Jahrzehnte berücksichtigt. Jeder Eintrag enthält weiterführende Links zum Inhalt des Werks. Zudem wird auf Theateraufführungen, Verfilmungen, Werke der Weltliteratur und verwandte Motive in Filmen verwiesen. Eine sehr empfehlenswerte Sammlung zur Literatursuche für Lehrpersonen, Schüler:innen und andere Interessierte.
Gerald Knöß: LiMoTee, Motive und Themen der deutschsprachigen Literatur
rhythmus statt dauerstress
Während Berichte über Dauerstress, Belastung, Erschöpfung, Ängste, Burnouts und Depressionen in der Gesellschaft und besonders auch bei Kindern und Jugendlichen kein Ende nehmen, wird recht wenig über die einfachen Gegenmittel gesprochen. Eine Ausnahme macht der an der Universität in Heidelberg lehrende Mediziner, Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs. Im April 2023 trug er an der «World Teachers Conference 2023» am Goetheanum vor. Jetzt im Januar 2024 war er zu Gast in der «Sternstunde Philosophie» bei Yves Bossart im Schweizer Radio und Fernsehen. Fuchs vertritt einen phänomenologischen Ansatz, der den Körper als Objekt von der belebten und beseelten Leiblichkeit unterscheidet. Zuletzt veröffentlichte er das Buch Verteidigung des Menschen. Grundfragen einer verkörperten Anthropologie (2020). Eine zentrale Einsicht von Fuchs fasst Bossart so zusammen: «Unser Körper brauche Erholungsphasen, Rhythmen und Kreisläufe, wie bei der Atmung oder beim Wach-Schlaf-Rhythmus. Die Gesellschaft dagegen ticke nach einer linearen, beschleunigten Zeit, die kaum Pausen kennt und auf permanentes Wachstum aus ist. Diese pausenlose Beschleunigung sei Gift für die natürlichen Kreisläufe unserer inneren Natur.» Was hier für die Gesellschaft festgestellt wird, gilt hochgradig für Schule und Unterricht. Schule, die von den Lernzielen über die Stundenplanbelastung bis zur Unterrichtsgestaltung nur als mechanische Akkumulation von Wissen und Fähigkeiten verstanden wird, muss auf allen Stufen enorm schädliche Folgen für den Menschen haben. Die Harmonisierung des Seelisch-Geistigen mit der Leiblichkeit sah Rudolf Steiner schon 1919 als grundlegendes Motiv der gesamten anthroposophischen Erziehungsmethodik (Allgemeine Menschenkunde, 1. Vortrag). In der Gestaltung des Wechsels von Aufnehmen und Selbsttätigkeit, Denken und Wahrnehmen, Theorie und praktischem Tun, Tag und Nacht usw. kann jede Lehrperson in der Praxis unendlich kreativ für wahrhaft menschliche Bildungsprozesse sein.
Sternstunde Philosophie: Thomas Fuchs – Macht uns die Gesellschaft krank?
SRF: Gegen ständige Dauerbelastung hilft nur ein Rhythmuswechsel
Goetheanum: Der Leib vollzieht das Leben
Redaktion